Veröffentlicht im Luxury Guide „Die Welt“
Text: Jens Hoffmann
Dolce Vita made in Berlin: Jens Hoffmann war im Tiergarten unterwegs und erlebte ein phänomenales Dinner im „Das Stue“.
Wenn man in der Hotellerie von einem Hideaway spricht, ist zumeist ein romantisches Hotel in idyllischer Lage gemeint. Das in Berlin ansässige Hotel “Das Stue” ist für mich ein solches Hideaway direkt am Tiergarten. Nebenbei besitzt es mit dem „5-Cinco by Paco Pérez” ein Gourmetrestaurant, das mit einem Stern dekoriert ist und den perfekten Rückzugsort vom Stress des Alltags bietet.
Paco Pérez – Ausnahmetalent unter Berlins Sterneköchen
Ich freue mich den ganzen Arbeitstag auf Küchenchef Paco und sein Tasting Menü “Umgebung & (Kon) Sequenzen”.
Here we are – im Restaurant von Paco Pérez im Hotel „Das Stue“.
Paco Pérez kommt aus der Schule des katalanischen 3-Sterne Restaurant El Bulli von Ferran Adrià. Dieser verknüpfte als einer der ersten Küche, Chemie und Kunst. Im Jahr 2011 gab er das El Bulli Restaurant zwar auf, aber Paco Pérez, Albert Adrià oder auch die Roca Brüder sorgen jedoch dafür, dass Barcelona, Girona und die Costa Brava Region weiterhin Gourmetdestination #1 sind.
Paco Pérez betreibt neben dem 5-Cinco zwei weitere Sternerestaurants in Nordspanien und zwar das Restaurant Miramar (Girona) und das Restaurant Enoteca im Ritz Carlton Hotel Arts in Barcelona. Im 5-Cinco in Berlin ist er alle 3 Wochen für ein paar Tage.
Avantgarde pur – 27 Gänge und ein WOW von Jens Hoffmann
Ich nehm etwas vorweg: Es war ein fantastischer Abend, 27 Gänge, Avantgarde pur. Wow, ein ganz großes Kompliment. Nach zwei Roederer Champagner – in eisgekühlten Gläsern – an der Bar des Stue Hotels geht es rüber ins Restaurant. Ich lasse ein wenig die Atmosphäre des Restaurants auf mich wirken: Ein in Braun-, Grau- und Kupfertönen gehaltener, gedämpft ausgeleuchteter Raum ohne störende Effekte nimmt die Hektik und die Hitze der Stadt (draussen sind es auch jetzt noch 35 Grad). In der Mitte des Raumes hängen grosse, glänzende Kupfertöpfe an der Decke. Das Restaurant hat 30 Plätze. Restaurant Manager Christian Böckmann wird uns in den folgenden Stunden durch’s Menü führen – begleitet von exzellenten, sehr speziellen Weinen aus dem Keller von Sommelier Steve Hartzsch.
Das Versprechen beider: Es wird abwechslungsreich und genussvoll.
Ein 2011er Saumur Blanc, Domaine du Collier eröffnete den Reigen.
Ich fange während des Einschenkens an, das Menü mit dem Arbeitstitel „Umgebung & (Kon-) Sequenzen – der Garten, das Meer und der Wald” zu erforschen.
27 Gänge !
Heute wird es spät! Doch schon beginnt der Service das Menü zu servieren. Im Tapas Stil geht es los – kleine, feine Dinge, zweifelsohne kulinarische Meisterwerke. Ein kleiner Nipp am trockenen, fruchtigen, eleganten 2011er Saumur Blanc und ein Gruß aus der Küche. Ein Amuse bouche? Nein, eher ein klitzekleiner Tapas Gruß. Cronut!
… Cronut!
Dann “Bangkok“ und eine wunderbare „Thai Consomme”.
Alles sehr lecker, klein und avantgardistisch.
Schnell versteht man, es wird ein Abend im spanischen Tapas-Stil.
Eröffnet wird das weitere Geschmacksfeuerwerk mit der ersten Landschaft. Darin finden sich Erdbeer-Pfeffer, Junge Erbsen, Kartoffel, Piquillo und Ingwer. Der Teller sieht wahrhaftig aus wie ein kleiner Gemüsegarten. In farbenfroher Begleitung folgen Knoblauch, Melone & Kaviar als erste Konsequenz des Gartens.
So kann es aussehen, wenn im Garten alles passt… und schmeckt!
Das Land umgibt das Meer und dieses enthält viel Genuss. Möglicherweise ist dies der Interpretationsansatz für “Das Meer “ von Paco Perez. Die Küche von Paco Perez enthält viel Fisch, diesen läßt er zwei bis dreimal wöchentlich aus seinem Heimatdorf nahe Girona einfliegen. Es folgen Fischhäppchen in Form von Tigergarnele Thai, Thunfisch und Kokotxas (Kinnstücke vom Hecht, eine Delikatesse in Spanien).
Alles Garten oder was?
Der Garprozess muss hier gut überwacht werden. Mängel in der Qualität werden schnell bemerkt. Es war alles grossartig. Weiter geht es mit dem Zackenbarsch. Köstlich.
Alles andere als zack-zack…
Übrigens war es – meines Wissens nach – einmal der Signature Dish von Paco Perez. Der Zackenbarsch lebt von der Produktqualität – und diese war ausgezeichnet.
Im Glas haben wir zwischenzeitlich einen 2006er Riesling „vom Stein“ Federspiel, Nikolaihof, Wachau und danach einen 2012er Terra de Cuques, Terrior al Limit, Priorat. Dies waren perfekte Begleiter für den Genuss aus dem Meer. Bei der Vielzahl von “Tapas” habe ich etwas den Überblick über die Paarungen verloren
Aber eins weiß ich noch, alles war sehr stimmig.
Paco Pérez’ Fokus lag immer schon auf Fisch und Gemüse und zum Kennenlernen seines Kochstils war “Das Meer” mehr als interessant. Der Zackenbarsch wurde begleitet vom – mehr als außergewöhnlichen – 2011 Testalonga/ Craig Hawkins, Swartland. Kampfname El Bandito. Ein grossartiger Wein mit viel Tiefe und Länge, der mineralisches Aroma mit Frucht verbindet.
Ein Wein, ein Kampfname – und viel Genuss im „Das Stue“.
Nun geht es in “den Wald”…
Die thematische Einstimmung erfolgt erneut durch eine Landschaft, die ebenfalls mit Kleinigkeiten aus besagtem “Wald” bestückt ist: Taube, Molette (eine Teigtasche gefüllt mit der Wachstumsdrüse des jungen Iberico Schweins) und Hühnchen “Crunchy Chicken”.
Danach ging es mit vier Hauptgängen wie „Egg Benedict“ und „Instant Parmesan Risotto“ weiter. Begleitet wird das Risotto vom 2011er Thousand Mils, DSG Vinyards, Rioja. Das Spiel an Komponenten mit Salz, Süße und Säure gefällt auch hier, ein aussergewöhnlicher Wein mineralisch, präzise spannend und eine gute Kombination.
Ein grosses Kompliment für den Genuss aus dem Wald.
Zum Dessert kein Kaffee, wir bleiben beim Champagner.
Eine gute Wahl, wie alles bei diesem Dinner.
Und zwar ein außergewöhnlicher Tropfen von Jaques Lassaigne; das sehr begehrte Terroir Montgueux ist erst seit 1960 auf dem Schirm der Champagnergenießer. Die Lage ist ein Juwel und die wenigen Flaschen Winzerchampagner, die dort entstehen sind heiß begehrt, allen voran die von Jacques Lassaigne.
Prost.
Ein “Sorbet zum Mitnehmen” neutralisiert und ein wunderbares Schokolade & Mango lassen mich dahinschmelzen…
mm
Klein, fein … und der 26. Gang. Einer kommt noch.
Dies war der 26 Gang. Zum Dessert-Abschluss werden uns verschiedene Petit Fours gebracht. Ein schönes Ende. Danke.
Fazit:
Die geschmacklichen Kombinationen haben uns immer wieder überrascht, die Präsentation der Gerichte war eindrucksvoll. Ja, es gab ein paar molekulare Spielereien ohne wirklich kulinarisches Statement, aber es schmeckte vorzüglich.
Die Speisen waren leicht und übersichtlich, nie gab es zu viele Komponenten auf dem Teller. Alle Gerichte waren präzise und aromenintensiv.
Mission erfüllt, meint der Kritiker.
Mission erfüllt! Im Cinco des Stue strahlt nicht umsonst ein heller Stern. Das war ein herrlicher Sommerabend, weiter geht es an der Bar des Stue.
Nach dem Dinner ist vor dem Digestif – an der Bar im „Das Stue“.
http://www.das-stue.com/restaurants-bar/cinco-by-paco-perez
Die Copyright-Rechte für die Photos liegen bei Albert Berta Das Stue, Julián Redondo Bueno und Jens Hoffmann.