Zum Restaurant: „The Table“

In der „trendigen“ Hafencity begeben wir uns auf einen recht untrendigen Fußmarsch durch und um die Baustellen in der Schanghaiallee.

Das Restaurant ist hell, groß, modern, eine interessante Location mit Blick zur Küche und Nähe zu den Tischnachbarn. Wer möchte, kommt schnell ins Gespräch, wer seine Ruhe sucht, wird auch diese finden. Dies alles wurde so oft beschrieben, dass man den Eindruck gewinnen konnte, die Immobilie sei der Star und nicht das Essen.

Mag sein, dass Kreativität und Handwerkskunst der Fehlingschen Küche derart unumstritten sind, dass man sich bei den Berichten eher am Konzept orientiert. Dieses Konzept ist zeitgemäß, modern und einladend. Doch wer glaubt, dass allein das Ambiente eine gewisse Zwanglosigkeit und Lässigkeit einkehren lässt, liegt falsch.

Wer es leger und lässig mag, muss hierzu seinen eigenen Beitrag leisten. Je internationaler das Publikum ist, umso näher ist man der entspannten Atmosphäre. Die Küchencrew ist mit der streng choreographierten Performance zu sehr beschäftigt um die Stimmung auch noch aufzulockern und die distinguierten Hamburger Gäste tauen ohnehin nur langsam auf. Dies mag in der für gewöhnlich egalitärer angehauchten Berliner Szene eher der Fall sein.
Dafür bleibt der Lärmpegel, wie wir ihn von den Ateliers des Joël Robuchon gewohnt sind, im unteren Bereich.
Das Restaurant ist eine gelungene Alternative zum traditionellen Gourmetrestaurant. Es fällt mir jedoch noch immer schwer zu glauben, dass dies wegweisend für die moderne Sternegastronomie sein wird. Warum auch. Vielfalt ist angesagt. Darin liegt doch die eigentliche Bereicherung. Vielleicht mag die Zukunft mich widerlegen.

Der Empfang ist freundlich, ja freundschaftlich.

David Eitel präsentiert uns einen Aperitif in der Perrier-Jouët Lounge und kurze Zeit später nehmen wir unsere Plätze am Tresen ein.
Das Menü startet mit einem „Matjesbrötchen“.
Die Miniaturdelikatesse ist hervorragend.

Gerade in der Hochküche legt man wert auf eine tadellose Präsentation der Speisen. Was kann man da alles erleben. Vom feinsten Geschirr, über Kieselsteine bis hin zu Ästen wird nichts ausgelassen.

Der Start mit dem kleinen Tisch hingegen, ist ein netter Einfall.

Die beabsichtigte Verknüpfung erschließt sich sofort. Was sich jedoch nicht jedem erschließt ist die Tatsache, dass sich die „Laubsägearbeit“ nur grob am Original orientiert.

Aber wer, außer mir, beschäftigt sich schon mit solchen Petitessen.

Hummer „Thermidor“

Der Hummer Thermidor ist ein Klassiker der französischen Küche, hier modern interpretiert.
Hamachi „Japanisch“ – Fenchelchip und Ponzu, Soja, mehrere Algensorten.
Saibling
Geflämmter Saibling, Tatar & Kaviar,
gefrorener Dillstaub, Kohlrabitextur, Sud von Apfel/Gin/Gurke.

Geflämmter-Saibling

Wagyu-Bun, Jakobsmuschel „Wiener Art“

Jakobsmuschel-'Wiener-Art'

Carpaccio von der Jakobsmuschel mit den dekonstruierten Teilen eines Wiener Schnitzels.
Zitronenperlen, Petersilienkresse, Sardellengel, Croutons, Kapern.

Gänseleber “Tom Kha Gai” mit Garnele & Mango

Tom Kha Gai, eine thailändische Hühnersuppe, wird zur Gänseleber neu interpretiert und bildet zu dieser ein gelungenes Pendant. Die Gänseleber selbst ist tadellos, sowohl im Geschmack als auch in der Textur.
Bouillabaisse auf 3 Arten
Hollandaise, Bouchonmuschel, Jakobsmuschel, Tomate,
auf drei Tellerchen verteilt.

Trüffelei mit Kalbsgraupen, Pilzen & Dashi

Eines der vielen Highlights in Fehlings Menü.

Dashi, ein japanischer Fischsud, darf bei der dargebotenen Fusionsküche natürlich nicht fehlen. Diesmal trifft Japan auf Frankreich.

Das Ei wurde eine Stunde lang bei ca. 65 Grad gegart, was zu einer nur leichten Gerinnung führt. Eine wachsweiche Konsistenz ist die Folge.

Entenbrust – Challans Entenbrust „Sushi“ mit Kimchi-Maki, Ingwer-Hollandaise & Sojajus,
Spitzkohl, Apfelwasabi, Ingwer

Die tadellose Ente aus Challans im Département Vendée wird von internationalen Beilagen begleitet.
Dattel mit Lorbeereis, Safranperlen, Kumquat & Hummuscreme, Kichererbsenpüree, orientalisches Müsli, Aubergine

Sehr aufwändig und nicht zu süß, findet dieses Dessert unsere Anerkennung.

Wundertüte mit Lavendel, Blaubeere, Sternanis & Kardamom

Kevin Fehling legt bei der „Wundertüte“ selbst Hand an.

Zu guter Letzt noch ein Pina Colada Macaron und ein Martini Cocktail mit Olive

Wein und Service:

2013, Cantocuerdas, Bernabeleva, Madrid
2013, Jurançon „Clos Uroulat“, Charles Hours, Süd-West Frankreich
2012, Riesling „R“, Kühn, Rheingau
2011, Mâcon-Chaintré, Valette, Burgund
2012, Saint Joseph „L´Olivaie“, Domaine Coursodon, Rhône
Vin Muté À L´Armagnac, Château de Léberon, Gascogne
2014. Brachetto d´Acqi DOCG, Giacomo Bologna, Piemont

David Eitel hat eine stimmige Weinbegleitung zusammengestellt und damit seinen Beitrag zum Gelingen des Abends beigetragen. Seine profunden Weinkenntnisse sind ebenso unbestritten wie sein freundliches und professionelles Auftreten. Diesen positiven Gesamteindruck kann selbst die Servierschürze nicht schmälern.
Der Service insgesamt ist freundlich, sachlich, fast schüchtern zu nennen.

FAZIT:

Technische Perfektion, handwerkliche Präzision, kreative Intuition und eine durchdachte Organisation verbinden sich zu einem einzigartigen Genusserlebnis.
Dabei darf man nicht bierernst auf die Teller starren, so manches kommt eher augenzwinkernd daher.

Die Grundlagen französischer Klassik werden in einem wahren Fusionsfeuerwerk zeitgemäß präsentiert.
Auf nach Hamburg!

Quelle:Gourmet unterwegs

Fotos: Bernhard Steinmann