Der neue Flughafen Berlin Brandenburg „Willy Brandt“ (BER) ist mit der Ankunft der ersten beiden Flugzeuge von easyJet und Lufthansa eröffnet worden. Er konzentriert den gesamten Flugverkehr der Hauptstadtregion an einem Standort mit einer Gesamtkapazität von über 40 Millionen Passagieren im Jahr.
Text: Ingrid Müller-Mertens (Berliner Umschau)
Kaum zu glauben aber wahr: Der Hauptstadtflughafen BER ist eröffnet. Nach vierzehnjähriger Bauzeit und mehreren geplatzten Eröffnungsterminen. Die ersten Linienmaschinen sind am Abend des 31.Oktobers gelandet. Terminal 1 nimmt seinen Betrieb auf. Schlicht, ohne Pomp und Glamour – der Geschichte des astronomisch kostspieligen Pleiten, Pech und Pannen- Objekts angemessen. Euphorie kommt nicht auf. Vielleicht etwas Erleichterung, dass nun endlich mal Ruhe ist mit dem nervigen Thema. Besonders betroffen allerdings die Kabarettisten, denn, wenn es sonst nichts zum Lachen gab, ein höhnischer Witz über den BER ging immer. Damit ist es erst mal vorbei. Erst mal. Denn auch weiterhin – so steht zu befürchten – gibt es noch viel zu tun an nunmehr Europas zwölftgrößtem Airport. Ganz abgesehen vom katastrophalen Einbruch des Flugverkehrs wegen der Corona-Krise.
„Es war ein langer Weg. Es war kein einfacher Weg. Deshalb feiern wir auch keine Party – wir machen einfach auf“, brachte es Lütge Daldrup bescheiden und sachlich in seiner Eröffnungsrede auf den Punkt. In Anwesenheit von Verkehrsminister Scheuer, dem Regierenden Bürgermeister Michael Müller und dem brandenburgischen Ministerpräsidenten Dietmar Woidke hielt er sich mit den üblichen Danksagungen zurück. Er dankte zu aller erst seiner Frau, die es in den extrem stressigen letzten Jahren mit ihm aushalten musste.
Die nun tatsächlich wider alle Erwartungen erfolgte Eröffnung steht unter keinem guten Stern. Der Einbruch der Passagierzahlen durch die Corona-Krise als auch die angespannte Finanzlage haben die Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg fest im Griff. Mit 300 Millionen Euro springen die Eigentümer — der Bund sowie die Länder Berlin und Brandenburg — in diesem Jahr bereits in die Bresche. Für kommendes Jahr ist ein Darlehen von rund 550 Millionen Euro vorgesehen.
Als modernes Luftkreuz verbindet der neue Flughafen Berlin Brandenburg „Willy Brandt“ zukünftig die Hauptstadt mit allen wichtigen Airports in Europa.
Angesichts der weltweiten Corona-Reisebeschränkungen werden in den ersten Betriebstagen nur wenige tausend Fluggäste am neuen Standort erwartet. Mit einem entsprechend verringerten Angebot stellen sich die Fluggesellschaften darauf ein.
Der bislang größte Anbieter in Berlin etwa, das britische Luftfahrtunternehmen Easyjet, bietet zum Auftakt 23 Strecken zu internationalen Zielen an. Im kommenden Jahr sollen es dann 70 Verbindungen sein. Die Lufthansa hat keine eigenen Flugzeuge am BER stationiert. Sie nutzt den Flughafen vor allem als Ausgangspunkt für Langstreckenflüge mit einmaligem Umstieg an den Drehkreuzen Frankfurt oder München. Für den Start am BER plant die größte deutsche Fluggesellschaft mit lediglich 30 Flügen täglich — etwa halb so viele wie vor der Krise. Lufthansa-Chef Karsten Spohr, der mit der ersten Lufthansa-Sondermaschine am Sonnabend landete, schließt nicht aus, das Angebot bei Bedarf zu erweitern.
Die Lufthansa-Tochter Eurowings will zunächst 70 Flüge anbieten. Vor allem innerdeutsche Verbindungen. Von rund 300 geplanten Abflügen im Monat November gehen lediglich rund 16 ins Ausland. Auch die Billigfluggesellschaft Ryanair wird ihre Kapazitäten am BER für den Winterflugplan auf 40 Prozent des Vorjahres reduzieren.
Trotz allem sollte man nicht übersehen, dass der Flughafen letztendlich zu einem architektonisch sehr ansprechenden Funktionsgebäude geworden ist, mit moderner Technik, viel Service, Komfort und kurzen Wegen. Der sechsgleisige Bahnhof mit drei Bahnsteigen direkt unter dem Terminal 1 ist für 125.000 Reisende pro Tag ausgelegt und sichert die reibungslose An- und Abreise für Passagiere und Mitarbeiter. Neben einer eigenen Autobahnanbindung verbinden auch zahlreiche Buslinien den Flughafen im dichten Takt mit Berlin und dem Umland.
Natürlich steht den Fluggästen auch ein breites Angebot an Shopping- und Gastronomie-Einrichtungen zur Verfügung. Auf mehr als 20.000 Quadratmetern präsentieren sich neben internationalen Marken auch zahlreiche regionale Anbieter.
Am 8. November 2020, endet dann endgültig der Linienflugbetrieb in Tegel. Air France, die 1960 die erste zivile Fluggesellschaft war, die in Tegel landete, wird auch die letzte sein, die ihn verlässt. Flug AF1235 Richtung Paris-Charles de Gaulle. Dann wird auch das Kürzel TXL verschwinden. Die Abkürzung des alten Flughafens Schönefeld, SXF, ist bereits Geschichte.