Lachs zählt zu den beliebtesten Speisefischen. Der Lachs, den wir in Deutschland essen, kommt fast ausschließlich aus norwegischen Aquakulturen. Eine (kulinarische) Spurensuche vor der Küste Bergens…

Von Christian Euler

Lachs ist buchstäblich in aller Munde. Allein hierzulande versiebenfachte sich der Konsum von Lachs in den vergangenen vier Jahren. Aus der Natur lässt sich die Nachfrage nach dem beliebten Speisefisch schon lange nicht mehr decken, neun von zehn Lachsen werden heute in Fischfarmen gezüchtet.

Norwegen ist der weltweit zweitgrößte Produzent und verkauft Fische und Meeresfrüchte in über 140 Ländern. Rund um den Globus landen Tag für Tag 15 Millionen Gerichte mit Lachs oder Fjordforelle aus norwegischer Aquakultur auf den Tellern. Jeder norwegische Einwohner verspeist im Schnitt 8‚2 Kilogramm Lachs pro Jahr – Bundesbürger schaffen mit 1‚7 Kilogramm nur knapp ein Fünftel. Entlang der norwegischen Küste reihen sich Hunderte von Aquakulturen.

Die Zuchtphase beginnt indes in einem Inkubator. Dort wird der Fischrogen im Süßwasser befruchtet. Nach rund 60 Tagen in acht Grad Celsius kaltem Wasser schlüpfen die Lachsbrütlinge, die nach weiteren vier bis sechs Wochen in Süßwassertanks umgesetzt werden.

Nach zehn bis 16 Monaten sind die zwischen 60 und 100 Gramm schweren Lachse bereit für die Übersiedlung ins Salzwasser. In dieser Zeit haben sie sich organisch verändert und können Salzwasser durch ihre Kiemen und Nieren ausfiltern. Je nachdem wie schwer ein Lachs werden soll, verbleibt er zwischen 14 und 22 Monaten in Netzgehegen mit einem Durchmesser von bis zu 200 Metern und einer Tiefe zwischen 20 und 50 Metern. Maximal 200.000 Fische pro Gehege sind erlaubt.

 

Eine Frage der Gesundheit

Größere Lachse bringen bis zu sechs Kilogramm auf die Waage. Sind sie ausgewachsen, werden sie aus den Netzgehegen in ein Wasserbecken auf einem Schiff gepumpt und zur „Produktionsstätte“ gebracht. Tiefgekühlt und filetiert sind sie nur drei Stunden später auf dem Weg zu norwegischen Fischtheken oder ins Ausland.

An der Frage, ob Zuchtlachs gesund ist, scheiden sich die Geister. „Lachs ist eine reichhaltige Quelle an Proteinen, Omega-3-Fettsäuren und wichtigen Vitaminen und Mineralstoffen, auf denen unsere Gesundheit aufbaut“, heißt es etwa beim Norwegian Seafood Council, der Lachs zu den gesündesten Speisefischen überhaupt zählt. Der NDR-Verbraucher-Ratgeber mag sich dem nicht anschließen. Er kritisiert nicht zuletzt, dass bei der Lachszucht Raubfische durch pflanzliche Nahrung zu Vegetariern gemacht werden.

„Wenn wir den Fisch nun mit pflanzlicher Nahrung füttern, dann hat der Fisch auch eine Fettsäurezusammensetzung, die dem Pflanzenmaterial entspricht“, bringt es Ulfert Focken, Experte für Fischfutter am Thünen-Institut für Fischereiökologie, auf den Punkt. Dadurch enthalte der Fisch weniger gesunder Omega-3-Fettsäuren als Wildlachse. Pflanzliche Nahrung enthält einen großen Anteil an Omega-6-Fettsäuren, von denen der Körper ohnehin schon sehr viel aufnimmt. Die Crux: Omega-6 blockiert die positive Wirkung von Omega-3.

In den besten Seafood-Restaurants der norwegischen Hafenstadt Bergen spielt Lachs ohnehin nur eine Nebenrolle. Etwa im „Lysverket“, in dem Küchenchef Christopher Haatuft im Rahmen seiner „Pure Nordic Cuisine“ beste lokale Produkte auf die Teller bringt. Auch Staatsgäste besuchen gern das stilvolle, in einem Kunstmuseum aus den 1930er Jahren gelegene Restaurant. Am Abend unseres Besuchs sind es gleich mehrere Mitglieder skandinavischer Regierungen, die – eskortiert von reichlich Sicherheitspersonal – im „Lysverket“ speisen.

Schon die Küchengrüße wie Roggenbrot mit Makrelenbutter oder das hauchdünne Brot mit Heilbutt aus dem Sognefjord machen Lust auf mehr. Der knackige grüne Salat wächst im Garten des Museums und wird von einer intensiven Austern-Emulsion begleitet.

Dass Lysverket Restaurant: eines der besten Restaurants in Bergen.

Der Steinbutt wurde erst am frühen Morgen aus den Gewässern um Bergen gezogen – frischer geht es nicht. Chefkoch Christopher Haatuft kombiniert ihn mit einer herrlichen Krustentiersauce, Topinambur und Saat-Crumble.

Ein Gaumenschmeichler ist auch das Dessert in Form von Buttermilch mit Safran-Eis, Karamell, Sanddorn und Sonnenblumenkernen. Für umgerechnet rund 110 Euro ist das siebengängige „Meny Lysverket“ im sündhaft teuren Norwegen geradezu ein Schnäppchen.

Eine Institution für Genießer ist das Restaurant „Cornelius“ auf der winzigen Insel Holmen, die ausschließlich mit dem Boot erreichbar ist. Die landschaftlich reizvolle Überfahrt durch die Schären dauert gut 20 Minuten. Breitbeinig steht Alf Roald Saetre da, den Cowboyhut auf dem Kopf – und zeigt, wie man eine Jakobsmuschel öffnet. Er hat sie selbst gesammelt, mehr als 20 Meter unter der Meeresoberfläche. „Skjellmannen“ (Muschelmann) steht nicht ohne Grund auf seiner Visitenkarte. Um abenteuerliche Geschichten ist der 65-Jährige nicht verlegen. Man spürt, dass er seine Anekdoten nicht zum ersten Mal zum Besten gibt. Geht es um Liebeleien und seine Abenteuer auf den Weltmeeren, klingen sie mitunter reichlich Seemannsgarn-geschwängert.

Die Glasfronten des Restaurants geben den Blick auf die anderen Inseln frei, zuweilen schippern Jachten und kleine Boote vorbei. Auf der Speisekarte stehen – wie könnte es anders sein – gebratene Jakobsmuscheln. Mit frischer Zitrone und einer feinen hausgemachten Mayonnaise bleiben sie dauerhaft in Erinnerung.

Die anderen Gerichte im „Cornelius“ hängen vom jeweiligen Fang der Zulieferer ab. Heute sind es ein neun Stunden geräucherter Lachs aus dem hauseigenen Räucherofen, Muscheln, Austern und Königskrabben. Gleich plattenweise bringt das sympathische Team die frischen Köstlichkeiten an die lange Tafel. Ein vorzüglicher Montrachet aus dem gut bestückten Weinkeller adelt den Abend im „Cornelius“ zum vollkommenen Gourmet-Genuss.

Photos: Tom Tautz