Ein Tiroler Berg schickt sich an, zur Astro-Destination zu werden. Ein nächtlicher Besuch auf dem Venet.

Von Jennifer Jahns

Für den ersten begeisterten Kommentar muss man noch nicht einmal auf dem Berg sein. „Ich hatt’ früher gar nix mit Sternen am Hut. Aber mich hat auch die Faszination gepackt.“ Das sagt der junge Gondelfahrer zu der überschaubaren Zahl von Fahrgästen, die er Anfang der Woche innerhalb von zehn Minuten von Zams im Tal auf 2212 Meter Höhe auf den Berg Venet bringt. Vom Grün ins Weiß. Vom Frühling in den Winter. Von der Zivilisation in den Bergkosmos.
Wer oben aus der Gondel aussteigt, der sieht zwei Dinge: Eine komfortable Berghütte und fast daneben eine runde, weiße Kuppel, die in den Himmel ragt. Die weiße Kugel ist es, die dem Berg zu Bekanntheit verhelfen soll. Zumindest unter einer gewissen Sparte von Reisenden. Denjenigen, die nachts gerne in den Himmel gucken. Die die Sterne zählen und dem Mond beim Aufgehen hinter den Bergen zusehen möchten. Die Sternwarte ist die erste in Tirol. „So eine Kombination, Sternwarte und Berghütte, – die gibt es fast nirgends“, sagt Dr. Norbert Span. Er ist Klimaforscher, mittlerweile selbstständig mit einem Planungsbüro im Tourismusbereich, selbsterklärter Sterne-Fan und hat als solcher in den vergangenen sieben Jahren rund 300 Nächte im Zelt verbracht, um zu später Stunde Sterne zu beobachten und zu fotografieren.

„Das geht am besten auf dunklen Bergen und in finsteren Tälern“, weiß der Österreicher. Weil es dort kaum fremde Lichteinwirkung gibt und somit die Sterne am dunklen Himmel viel besser zu sehen sind. Span weiß auch, wie es ist, wenn man nach langer, kalter Nacht in sein ebenso kaltes Zelt krabbelt, um bis zum Tagesanbruch zu warten für den Abstieg. Deutlich komfortabler geht es da auf dem Venet: Nach dem Sterneschauen geht es ins beheizte Gipfelhüttenzimmer.

Der Faszination des Sterneschauens tut das keinen Abbruch: „Es bringt harte Männer zum Weinen, wenn sie den Nachthimmel sehen“, sagt Werner Millinger, Geschäftsführer der Venet-Bergbahnen. Ein Besucher aus dem Ruhrpott, der in seiner Heimat aufgrund der dortigen Lichtverschmutzung noch nie einen tiefdunklen Sternenhimmel gesehen hatte, habe nach der ersten Nacht auf dem Berg zu ihm gesagt: „Wahnsinn, dass es so einen Himmel wirklich gibt. Ich dachte, der sieht nur im Fernsehen so aus.“

Millinger sagt auch: „Der Venet ist ein sehr emotionaler Berg.“ Er ist der Hausberg der Talbewohner. Hier haben sie Skifahren gelernt, hier macht man mit den Kindern nach der Schule noch schnell ein paar Abfahrten. Genau deshalb hatten sich vor wenigen Jahren, als der Berg drohte, einzuschlafen, örtliche Unternehmer zusammengetan, um die Gipfelhütte zu bauen. Dank Interreg-Unterstützung wurde die daneben liegende Sternwarte errichtet. Und so will der Venet, der gerade einmal 22 Pistenkilometer hat und somit mit dem nahen Ischgl oder Serfaus weder konkurrieren kann noch will, zu einem Ziel für Sternengucker werden.

Jeden Mittwoch öffnet die Sternwarte, und Interessierte können mit dem Teleskop ihr Sternzeichen sehen oder die Krater auf dem Mond in allen Details bestaunen. „Derzeit bilden wir noch weitere Sternenguides aus“, sagt Werner Millinger. Dann soll die Sternwarte an weiteren Tagen öffnen.
In dieser Woche waren gleich Dutzende Besucher auf den Berg gekommen: zum Supermond, der am Montag um 18.47 Uhr über die Alpengipfel kroch und die verschneiten Berge in mystisches Licht tauchte. „Schau ma mal, ob’s klappt“, hatte Klimaforscher Span der Gruppe Interessierter zuvor noch gesagt. Am Nachmittag war der Himmel noch wolkenverhangen. Aber pünktlich zum Abend nahm die Bewölkung ab. Der Mond, der am Montag der Erde durch den Elypsenverlauf sehr nah war und dadurch „super“-groß, war durch das Teleskop deutlich zu sehen. Jeder Besucher konnte einzeln durch das riesige Fernrohr schauen und die Mondkrater zählen. „Hierher, auf den Berg, kommt, wer nach Dunkelheit sucht“, sagt Klimaforscher Span, der dick eingemummelt hinter dem Teleskop steht. „In den Städten knipsen wir uns mit dem vielen Licht mittlerweile die Sterne aus. Hier oben kann man sie noch sehen.“

INFORMATIONEN
Der Berg Venet liegt in Tirol, inmitten des kleinen Skigebiets Landeck-Zams-Fliess.

ANREISEN
Zuganreise über den Bahnhof in Landeck. Mit der Gondel der Venet-Bergbahn auf den Berg.

ÜBERNACHTEN
In der Venet-Gipfelhütte, Zimmerpreise inklusive Halbpension ab 250 Euro.

UNTERNEHMEN
Skifahren: Auf dem Venet gibt es 22 Pistenkilometer und mehrere Lifte.
Venet-Bob: Schneller Schienen-Bob, der wie eine Art Achterbahn Richtung Tal fährt. Zudem gibt es Rodelstrecken, Schneeschuh-Routen oder Wanderwege zu Almen. Geräte-Verleih im Tal. Im Sommer ist die Venet-Region eine beliebte Wandergegend, der Venet liegt am E5-Weitwanderweg, der über die Alpen führt. Ebenfalls möglich: Hochzeitsveranstaltungen, Yoga-Seminare, Kräuterwanderungen.

Informationen:

www.venet.at

Die PNP-Redakteurin Jennifer Jahns war mit Unterstützung der Venet-Bergbahnen beim Sterneschauen.

Photo: Jens Hoffmann