Unterwegs in Tokio
Von Jens Hoffmann
Tsukiji – das Ende einer langen Geschichte, der größte Fischmarkt der Welt zieht wahrscheinlich um.
Ein Besuch auf dem Tokioter Fischmarkt war immer ein Erlebnis, es roch nach Fisch und Algen, man hörte ständig Dreiräder, mit denen die Fische durch die Gänge des größten Fischmarkts der Welt gefahren wurden. 1000 Händler arbeiten hier, 2000 Tonnen Fisch wurden täglich umgeschlagen.
Die Hallen, die sich über eine Fläche von mehr als 40 Fußballfeldern erstrecken, müssen umziehen, um Platz für neue Häuser, Straßen und für das Pressezentrum der Olympischen Spiele 2020 zu machen.
1000 Euro für einen einzigen Fisch waren normal, aber nichts im Vergleich zum Preis für den ersten Thunfisch des neuen Jahres. Januar 2017 sicherte sich Kiyoshi Kimura den Glücksfisch für 603 000 Euro, 2013 hatte der Chef der Restaurantkette «Sushizanmai» 1,4 Millionen Euro gezahlt. Die Neujahrs-Auktion 2017 war die letzte am alten Platz.
Der Markt war Touristenspektakel, Besucher können sich im Osakana Fukyu Center registrieren. Die Karten sind kostenlos, aber nicht reservierbar, weshalb sich oft schon nachts Schlangen vor dem Infocenter bildeten. Rund um den Markt hatten sich neben Küchenwaren-Geschäften, die handgeschmiedete Messer anbieten, unzählige Feinkostläden angesiedelt. In der Luft liegt der Duft von Kräutern, Gewürzen und den allgegenwärtigen Bonito-Flocken, die japanischen Suppen ihr würziges Aroma verleihen. Die auf dem Tsukiji zu bestaunenden Produkte sind die Basis für den Erfolg der japanischen Küche, die zeige sich auch in der großen Zahl an Spitzenrestaurants. Der Restaurantführer «Guide Michelin» zeichnete 2017 allein in den drei japanischen Metropolen Kyoto, Osaka und Tokio 121 Lokale mit zwei oder drei Sternen aus – das sind mehr als in ganz Frankreich (113). Tokio hat mit zwölf Drei-Sterne-Restaurants mehr höchstdekorierte Gourmet-Tempel als jede andere Stadt der Welt.
Nach mehr als 80 Jahren wird der Fischmarkt von Chuo auf die nahegelegene künstliche Insel Toyosu umziehen. Der hygienische Zustand vom Tsukiji Markt ist weit entfernt von internationalen Standards, aber die Verlagerung hat wohl doch kommerzielle Gründe.
Schluss und vorbei, Tokios Gouverneurin Yuriko Koike verkündete es, nun ist es amtlich.
Der Markt, dessen Geschichte bis ins 16. Jahrhundert zurückreicht, schon Ende 2016 wird Platz machen für das Pressezentrum der Olympischen Spiele 2020.
Danach wird auf dem ursprünglichen Gelände des Tsukiji wohl ein Themenpark rund ums Essen entstehen.
Photo: Michael Leipold