Aus der Reihe „Kleine Fluchten“ : Genf

Text: Jens Hoffmann

Schon mal in Genf gewesen? Von Berlin aus geht es über die Schweizer Alpen und kaum bin ich eingeschlafen setzt die Maschine auch schon zum Landeanflug an.

Genf, ich bin bereit! In der Stadt und am Flughafen überall Vespas und Motorräder. Ich liebe es.

Nach der Gepäckabholung ziehe ich mir das kostenlose Nahverkehrsticket und ein Schnellzug bringt mich in nur sechs Minuten ins Stadtzentrum.

Wow! Die Stadt mit vielen Parks liegt eingebettet zwischen Gebirgsketten, Juragebirge und Alpengipfeln, der Mont Blanc ragt diesseits des Sees wie ein Wächter empor.

Der Genfer See glitzert in der Sonne, in der Altstadt mediterraner Flair und die beeindruckte Kathedrale St. Pierre aus dem 12. Jahrhundert. 

Die Zeit in der Uhrenstadt steht auch mal still, das Business läuft trotzdem.

Weiter zum Parc des Bastions, hier befindet sich die Reformationsmauer mit den riesigen Abbildern von John Calvin, Theodore de Bèze – „Rektor der Genfer Akademie“, William Farel – „Anführer der Genfer Reformation“ und John Knox – „Mitbegründer der Presbyterianischen Kirchen“.

Dieses gigantische Denkmal mit den Führern der theologischen Bewegung befindet sich direkt gegenüber dem Hauptgebäude der Universität, eingebaut in die alten Stadtmauern. Am 400. Geburtstag von John Calvin (1909) wurde der Grundstein für das Calvinistische Reformationsdenkmal gelegt. Der Calvinismus und Genf sind miteinander verbunden, wohl auch deshalb erzählen die Genfer gern, dass die Stadt ein eigener Kontinent sei.

Ein Besuch dieser monumentalen Homage an die Geschichte der Religion gehört einfach zum Genfbesuch dazu.

Etwas Bohemé, selbstverliebt ist Genf bestimmt – aber auch ein Beweis für die Bedeutsamkeit der Stadt. Es ist aber nicht nur der Calvinismus welcher Genf zu einem aufregenden Ziel macht.

Die Mouettes, der Quai du Mont-Blanc mit seiner Aussicht auf den See und die Alpen machen die Stadt sehr interessant.

Die Luft war weich und lau, es macht Spass hier zu sein und die Promenade zum „Bains des Paquis“ entlang zu flanieren. Die Freibadanlage aus den 30er Jahren lädt ganzjährlich zum Baden, Saunieren und Essen ein. Das dortige Restaurant ist empfehlenswert, ich entschied mich für Salat und Chasselas Wein. Das mittägliche Tagesgericht kostet nur 12 Franken, das ist für Genf günstig. Danach Sauna und Hamam.

Ein perfekter Nachmittag. Selten habe ich mich so wohl gefühlt. Genf ist easy, die Menschen gehen entspannt ihres Weges, plaudern gelassen vor Bilderbuchkulissen. Genf hat etwas südländisches gepaart mit der schweizerischen Bodenständigkeit eine schöne Melange.

Am Samstagmorgen muss man ins Viertel Carouge welches früher zum Königreich Sardinien-Piemont gehörte. Hier gibt es pittoreske Häuser in Pastellfarben gestrichen mit hölzernen Fensterläden.

Der Stadtteil wird auch als „Greenich Village“ von Genf bezeichnet. Den Carouge Markt muss man besuchen, auch wenn es regnet! Für die Bewohner des Viertels ist der Markt eine feste Größe. Hier tauscht man sich aus, erfährt Neuigkeiten, trinkt einen „Café au Lait“ oder einen schönen Aligoté. Überall verschiedene Sprachen hören – auch das ist Genf.

In Genf muss man das Hotel Beau Rivage gesehen haben. 

Es ist das berühmteste Hotel in Genf und eng mit der Kaiserin Sissi verknüpft. Ein Sommertag im August 1898 war der Letzte im Leben der Gräfin von Hohenembs, besser bekannt als Sissi. Alles geschah auf dem Quai du Mont-Blanc, ein gewisser Luigi Lucheni rammte Kaiserin Elisabeth eine Feile in die Brust. Sie brach zusammen und schied nach kurzem Todeskampf im Hotel Beau Rivage aus dem Leben.

Ein Fest für die Sinne im Hotel bietet das exqusite Sterne-Gourmetrestaurant Le Chat Botté. Der “gestiefelte Kater” verzückt neben der feinen Küche, mit Stil und Ästhetik.

Fine Dining dargereicht in mehreren Akten. Der Reigen beginnt mit Fisch, gefolgt von Fleisch, kleinen Zwischengängen und feinem Dessert, ein kulinarischer Paukenschlag, der Spass gemacht hat.

Die umfangreiche Weinkarte überzeugte mich ebenfalls.Der Sommelier empfiehlt charmant und kenntnisreich aus der Karte mit hunderten Positionen. Es gab selbstredend eine schöne Weinbegleitung, das perfekte Pairing zum Menü.

Dann noch ein kurzer Abstecher in die Altstadt, sie ist autofrei und hat viel Charme. Hier kann man sich durch die alten Gassen treiben lassen und den Place du Bourg de Four per Fahrrad erkunden. Fahrräder und E-Bikes kann man übrigens in der Innenstadt überall ausleihen.

Touren in die Weinregion Meyrin oberhalb von Genf sind auch schön. Die Kombination von Landschaft, Weinprobe und Bergdörfern ist wunderbar.

Auch ein Tag auf dem Wasser ist reizvoll. Am Rive Gauche entlang geht es bis La Belotte. Dabei passiert man den Parc Eaux Vives mit Jahrhunderte alten Bäumen und riesigen Rasenflächen.

Auf dem Rückweg sieht man das Schloss des Baron von Rothschild, dass er der Stadt Genf vermacht hat und die Villa von Kaiserin Joséphine, Napoleons erster Ehefrau.

Dann auf zum UNO-Gebäude. Es liegt am Rande des internationalen Viertels in einem kleinen Park.

Auf dem fahnengeschmückten Vorplatz finden oftmals politische Demonstrationen statt. Einfach mit der Bahn No. 15 bis zur Endstation „Nation“ und schon ist man da.

Nicht zu vergessen, in Genf wurde das Internet erfunden. Ja, genau das World Wide Web. 1998 entwickelte der britische Forscher Tim Berners-Lee ein Informationsmanagement-System, das den Datenaustausch vereinfachen sollte und schuf damit die Grundlage für das Internet. Der Physiker, der damals am europäischen Kernforschungszentrum Cern arbeitete, entwickelte den ersten Browser – ein Programm zum Surfen im Netz und die Homepage des Cern war die erste Webseite der Welt.

Heute beschäftigen sich die Forscher am Cern mit den den Gesetzen des Universums.

Fazit: Genf hat mehr zu bieten als den See und den Mont Blanc.

Ich komme wieder, bestimmt.