Hotel AnaYela – ein Stadtpalast
Hinter einer tiefen Holztür versteckt sich das Hotel AnaYela – ein Stadtpalast inmitten der historischen Altstadt von Marrakesch.
Marrakesch – das ist der Mythos aus 1001 Nacht. Ein Ort, der Magie versprüht, der sinnlich, aber auch sehr laut und anstrengend sein kann, mit seinen vielen Gerüchen und Farben und dem krassen Gegensatz der Kulturen. Auf dem Weg vom Flughafen fahren Eselskarren neben SUVs und Mopeds in drei nicht erkennbaren Spuren ineinander verzahnt. Gerade ist die Sonne untergegangen und wir schauen vom Rücksitz auf den wirren Verkehr, bis wir durch ein Stadttor ins Innere der Medina einbiegen. Hier werden die Gassen immer enger und verwinkelter, aber unser Fahrer bleibt die Ruhe selbst. Die letzten Meter gehen wir zu Fuß, vorbei an einfachen bis baufälligen Häusern – etwas ungläubig, was uns erwarten wird, kommen wir in dieser ganz anderen Kultur an.
Und dann treten wir gebückt durch die tiefe Holztür und kommen nochmal in einer völlig anderen Welt an – im AnaYela, einem 300 Jahre alten, kleinen Stadtpalast in der historischen Altstadt von Marrakesch. Im Patio, dem oben offenen Innenhof mit kleinem Pool und zwei Palmen, setzen wir uns an einen der tiefen Tische und bekommen zur Begrüßung getrocknete Datteln und frischen Minztee gereicht.
Marrokanischer Stil gepaart mit hellem Design
Die deutsche Unternehmerin Andrea Bury ließ den traditionellen Stadtpalast über eineinhalb Jahre komplett entkernen und restaurierte ihn liebevoll mit ausschließlich marokkanischer Handwerkskunst, wobei die Arbeit von mehr als 100 Handwerkern von Hand durchgeführt wurde. Jede Ecke birgt individuelle Details, die oft schon eigene Kunstwerke sind. Der marokkanische Stil ist natürlich erhalten, aber bewusst gepaart mit hellem Design, um „die vielen Farben der Stadt und eigenen Eindrücke besser zu verarbeiten“, wie Andrea Bury erzählt. Ursprünglich geschaffen als kreativer Rückzugsort, bietet das Hotel allen Gästen eine besondere Atmosphäre – zumal es mit zehn Betten einen sehr persönlichen Rahmen schafft.
Die drei Zimmer und zwei Suiten sind elegant, minimal im Design in natürlichen Farbtönen mit cremefarbenen Teppichen, weißen Puffs, Kalksteinwänden und geschnitzten Silberlaternen ausgestattet. Da nur über den Innenhof Licht herein kommt, sind sie etwas duster. Zwei absolute Highlights warten im Badezimmer: die zwei Meter lange und tiefe Badewanne, in der man zu zweit entspannt Platz hat, und der tollste Bademantel, den ich je auf Reisen gesehen habe. Lang, weiß, vorn geschlossen wie ein klassischer Djellaba-Mantel mit Kapuze und einem dickel Bommel an der Spitze. Ein weiches Ein-Personen-Zelt, in das man sich nach dem Bad zurückzieht.
Nur Rückzug wäre aber zu schade, denn eine Etage weiter oben wartet die große, viereckige Dachterrasse mit Sitzecken, Liegeflächen, Tischen und einem tollem Blick über die Altstadt. Ein Ort, der wie geschaffen ist für Feiern mit bis zu 80 Personen stehend oder 40 Gästen bei einem gesetzten Essen, die das AnaYela regelmäßig ausrichtet.
Ein Haus mit viel Geschichte
Benannt ist das Riad übrigens nach der Notiz eines jungen Mädchens, die bei der Restaurierung ausgegraben wurde. Wörtlich bedeutet es „Ich bin Yela“ und erzählt von einer heimlichen Liebesgeschichte, die ein berühmter Künstler in die riesigen, kunstvollen Silbertüren des Hauses eingeschlagen hat.
Yela lebte vor hunderten von Jahren mit ihrer Familie in diesem Riad. Abends schlich das Mädchen aufs Dach und traf dort auf einen fremden Jungen, der über die verbundenen Dächer auf ihr Haus kam. Sie trafen sich immer wieder und verliebten sich ineinander. Im damaligen Marokko war eine Liebeshochzeit undenkbar. Dennoch traute sich Yela, ihren Vater zu fragen, ob sie den Jungen heiraten dürfe, der stets mit einem Teppich auf dem Dach vorbeikam. Der Vater erlaubte die Hochzeit und als sie ihrem Zukünftigen eines Abends davon erzählte, hatte sie das Gefühl, als würden der Teppich und ihr Mann wegfliegen. Dieser „Flying Carpet“ liegt immer noch auf dem Dach und bietet einen romantischen Rückzugsort gerade zum Sonnenuntergang oder nachts.
Das Team des Hauses ist klein, familiär und unfassbar zuvorkommend. Für den ersten Vormittag haben sie uns einen Stadtführer gebucht, der fließend deutsch spricht und uns mit viel Wissen durch die engen Gassen seiner Heimat führt. Auch wenn wir nicht glauben können, dass wir uns danach selbst in diesem Gewühl zurechtfinden werden, zeigt er doch markante Punkte, anhand derer wir uns in den nächsten Tagen unseren Weg durch den Trubel bahnen und immer wieder „nach Hause“ finden – so fühlt es sich an, wenn sich nach dem Klopfen mit den Metallbeschlägen die dunkle Holztür öffnet.
Ein gutes Gefühl – wie die gesamte weitere Reise.
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