Die Berliner Meisterköche präsentierten auf dem Berliner Hoffest 2019, was sie kulinarisch zu bieten haben

Thilo Roth präsentierte einen „Mauerstein“, er verarbeitete Eisbein zu einem rötlichen Stein und servierte diesen auf einer grünen Kräutersauce mit Blüten.

Ein kreativer Ansatz, der auch widerspiegelt, wie innovativ, experimentierfreudig, vielfältig und qualitätsvoll die Berliner Meisterköche an den Herd treten. Beim Hoffest läuft ihr Handwerk in und von Foodtrucks aus ab, wobei sich zeigt, wie auch auf kleinstem Raum Großes entstehen kann. Passend zur Atmosphäre, zum Spirit gewählt sind auch die eigens für die Chefs angefertigten Schürzen, die diesmal in Jeans-Optik bewusst etwas „rough“ daherkommen. Unterstützt von Berlin-Partner METRO, übernimmt jeder Meisterkoch so für einen bestimmten Zeitraum einen der vier Trucks und bereitet den Gästen sein Gericht zu.

Gleich mehrere der Küchen-Koryphäen haben sich von Ur-Berliner Rezepten inspirieren lassen. „Ganz simpel, ganz urig – wie die Stadt“ darf es etwas sein bei Martin Müller vom „Tisk“: „Ich erinnerte mich an ein Gericht, das meine Oma mir als Kind zubereitete – und das interpretiere ich jetzt neu: Blutwurst, in meinem Fall als Krokette, mit Apfel und Kartoffel.“ Müller ist in Berlin aufgewachsen, lebt seinen Traum vom eigenen Restaurant, seit Kurzem in Alleinregie, nachdem sein Partner andere Wege eingeschlagen hat. „Jetzt bin ich mein eigener Herr, kann dadurch Entscheidungen schnell fällen. Mein Ziel ist es, jetzt noch mal eine Schippe draufzulegen im Tisk.“

Auch für Daniel Achilles hat sich Einiges verändert: Er hat zu Jahresbeginn sein Restaurant „reinstoff“ geschlossen, weil er sich verändern wollte, neue Möglichkeiten schaffen. Jedoch, berichtet er, ist die Suche nach einem geeigneten neuen Standort recht schwierig. „Das macht aber nichts, ich nehme diese Orientierungsphase voll und ganz an. Immerhin kann ich mich so mal auf alltäglichere Dinge konzentrieren, die ich sonst gar nicht wahrnehme. Der Beruf gibt viel zurück, aber nimmt unterschwellig auch Manches weg. Gerade genieße ich eine neue Balance, bin entspannt.“ Leicht und entspannt klingt auch sein Gericht zum Hoffest mit Kalbsbacken, Sellerie, Apfel, Schalotten und Blüten. „Gute Küche, gutes Essen, das ist wie Musik: Es gibt keine Mauern und Grenzen. Auch bei aller Regionalität der Produkte tut hier ein Spritzer Limettensaft oder Sojasauce einfach gut. Vielfalt belebt.“

Da kann Nicholas Hahn vom Restaurant am Steinplatz sich nur anschließen: Der Meisterkoch mit den Stuttgarter Wurzeln lebt schon länger in Berlin und interpretiert „Leber, Berliner Art“ fürs Hoffest modern. Mit seinen 36 Jahren hat er zwar kaum Erinnerungen an den Mauerfall selbst, ist aber heute in Pankow, direkt am früheren Grenzverlauf, zu Hause. „Da rückt die Geschichte automatisch an dich heran“, beschreibt er. „Deshalb war es mir auch wichtig, mit meinem Gericht ein Stück originales Berlin auf den Teller zu bringen. Eigentlich hatte ich etwas mit Fisch machen wollen, aber das passte dann eben irgendwie für mich nicht richtig.“ Nicht ganz verwunderlich, dass Hahn sich intensive Gedanken um Perfektion machte, denn er ist mit seinem Meisterkoch-Titel „Aufsteiger des Jahres 2018“ der einzige Neuling beim Hoffest. „Es ist ein fantastisches Gefühl. Das Ziel, einmal bei diesem Event dabei zu sein, hatte ich mir schon vor Jahren gesetzt, aber dass ich es jetzt erreicht habe, ist eine ganz große Sache.“

Ein etwas anderes Ziel hat für den Tag des Hoffests Thilo Roth – und damit ein Gedankensprung zurück zum „Mauerstein“ vom Anfang: Er wünscht sich nämlich, dass endlich auch die letzten Reste der deutschen Teilung schnellstmöglich der Vergangenheit angehören: „Mein Gericht ermöglicht es symbolisch dazu beizutragen. An diesem Abend essen wir die Mauer einfach auf!“

Text: Inka Thaysen (Berlin to go – Hoffest-Magazin 2019)

Photos: Honza Klein